Abschied vom "Herzbischof"
Mehr als 30 Jahre prägte Bischof Johann Weber als Hirte die Diözese Graz-Seckau und die katholische Kirche in Österreich mit.
Voll Trauer gibt die Katholische Kirche Steiermark bekannt, dass Altbischof Johann Weber, der 56. Bischof der Diözese Graz-Seckau, am 23. Mai friedlich verstorben ist, nachdem er zuletzt noch gemeint hat, er blicke voll Dankbarkeit auf sein Leben zurück und sei bereit, über die letzte Brücke zu gehen. Diözesanbischof Wilhelm Krautwaschl zeigt sich tief betroffen vom Tod von Bischof Johann. „Das hat mich schwer getroffen, auch wenn wir uns ob seines hohen Alters und seines eigenen, offenen Umganges mit dem Tod seelisch vorbereiten konnten. Seine Herzlichkeit, seine Offenheit und sein tiefer Glaube waren über Jahrzehnte das Rückgrat unserer Diözese. Er hat Generationen von Menschen und unsere Steiermark geprägt. Ich bin dankbar für dieses Gottesgeschenk an geistlichem Leben. Ich bitte um das Gebet für unseren verstorbenen Bischof.“
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Auch Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer ist tief betroffen vom Ableben des Altbischofs: „Bischof Johann hat in den Herzen der Steirerinnen und Steirer einen ganz besonderen Platz. Er war über Jahrzehnte das geistliche Herz einer aufblühenden Steiermark. Sein aufbrechender offener Geist verpflichtet dem 2. Vatikanischen Konzil prägte als Bischof der kleinen Leut Generationen von SteirerInnen. Ich konnte ihm im April noch zu seinem Geburtstag gratulieren und war sehr berührt von seiner Antwort.“
Wilhelm Krautwaschl hat seinerzeit mit Bischof Johann, dessen Wahlspruch „den Armen das Evangelium verkünden“ war, als dessen Zeremoniär viel Zeit verbracht. „Ich erinnere mich noch gut an eine Begebenheit in Bischof Webers Amtsräumen. Einer der Kollegen fragte ihn, wieso denn sein Schreibtisch so leer sei, ob er denn keine Arbeit hätte. Bischof Johann meinte darauf: ‚Ich habe bei einem Kurs im Vatikan gelernt: Der volle Schreibtisch eines Bischofs ist nur ein Hinweis darauf, dass er seinen Mitarbeitern nicht traut.‘“ Landeshauptmann Schützenhöfer erinnert sich an die Fähigkeit von Bischof Johann, auf die Menschen zuzugehen. Sein Gespür für die Leute werde unvergessen bleiben. Er sei ein Bischof gewesen, der mit offenem Herzen auf die Menschen zuging, um mit ihnen gemeinsam den Weg des Glaubens zu gehen. „Er war ein Steirer, den die Steiermark als Land von Offenheit und Herzlichkeit betrauert, weil Johann Weber uns mit seinem Geist in das Herz geschrieben hat“, so der Landeshauptmann.
Auch der Grazer Bürgermeister Siegfried Nagl ist vom Tod des Altbischofs ergriffen: „Der Ehrenbürger der Stadt Graz Bischof Weber war ein selbstbewusster Religionsverbinder, der in Demut seine Glaubensbotschaft mit allen in der Bevölkerung teilte. Mit seiner Gabe, Menschen für den Glauben und die Stille des Gebets zu begeistern, wird er uns immer in Erinnerung bleiben. Sein religiöses Wirken und seine Verbinderrolle in der Ökumene in Graz und darüber hinaus bleien uns immer ein Vorbild. Der Tod von Bischof Weber geht mir nahe, da auch Bischof Weber immer den Menschen nahe war."
Mit dem Wahlspruch „den Armen das Evangelium verkünden" habe sich Bischof Weber von Anfang das Handeln der Caritas zu einer wesentlichen Dimension seines seelsorgerischen Wirkens gemacht, sagt Caritas-Direktor Herbert Beiglböck: "Ganz nahe bei den Menschen und bei Gott, aufmerksam und interessiert für unsere Arbeit war er der Caritas bis zuletzt verbunden. Persönlich war er mir Weggefährte - ein Wort, das er gerne gebrauchte - der mich entscheidend geprägt und behutsam begleitet hat."
Andrea Ederer, die Präsidentin der Katholischen Aktion, die dem verstorbenen Priester und Bischof stets ein Anliegen war, sagt: „Er war ein liebenswürdiger Kirchenbotschafter und sah seinen Platz ,bei den Leuten‘. Im Geiste des II. Vatikanums forderte und förderte er die Mitgestaltung der Laien in Kirche und Welt. Das Prinzip von Joseph Kardinal Cardajn ‚Sehen - urteilen – handeln‘ leitete das Wirken von Bischof Johann. Geprägt von seiner Zeit in der Katholischen Arbeiterjugend war er der Katholischen Aktion stets verbunden. So wie diese hatte er den kirchlichen Auftrag, die Gesellschaft menschenfreundlich zu gestalten, für seinen Hirtendienst im Blick.“
Der Seelsorger der Arbeiter
Am 26. April 1927 kommt Johann Weber in Graz-St. Veit zur Welt. Bis zur Schließung des Bischöflichen Seminars 1938 ist Johann Weber dort Schüler, anschließend besucht er das Akademische Gymnasium in Graz. Ein Studienjahr widmete der Student Weber der Germanistik, der Geschichte und der Geografie, danach steigt er auf das Studium der Theologie um, welches er 1950 abschließt. Am 2. Juli 1950 wird Johann Weber im Grazer Dom zum Priester geweiht. Nach jeweils drei Jahren als Kaplan zuerst in Kapfenberg und dann in Köflach wird er Diözesanseelsorger der Katholischen Arbeiterjugend. Noch viele Menschen erinnern sich gern an ihre Begegnung mit Johann Weber, dem Seelsorger der Arbeiter, aus dieser Zeit.
Von 1962 bis 1969 war Johann Weber Pfarrer der Stadtpfarre Graz-St. Andrä. Sein Einsatz für die Armen und Bedürftigen zeichnet sein Wirken in diesen Jahren aus. Beispielhaft dafür war die Errichtung des „Heimes der offenen Tür“, eines Hauses für Schwangere, die in Not geraten sind. Am 10. Juni 1969 ernennt Papst Paul VI. ihn zum Nachfolger von Bischof Josef Schoiswohl, der am 1. Jänner 1969 zurückgetreten war. Er reiht sich damit als 56. Bischof der Diözese Graz-Seckau ein.
Diözesaner Aufbruch
Der 28. September 1969, der Tag der Bischofsweihe von Johann Weber, wurde auch zu einem Aufbruchsfest für die Diözese Graz-Seckau. Historisches Detail am Rande: Zur gleichen Zeit, als Johann Weber vom Salzburger Erzbischof Andreas Rohracher und seinem Vorgänger Bischof Josef Schoiswohl geweiht wurde, zeigte der ORF die ersten Bilder von der Mondlandung der US-Amerikanischen Apollomission gezeigt.
Die Aufgaben, denen sich Bischof Johann Weber stellen musste, waren nicht leicht. Es galt, die Polarisierung im Klerus über die Ausrichtung nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil in der Diözese zu überwinden und gleichzeitig das Konzil umzusetzen. Die Einrichtung des Diözesanrates und der Pfarrgemeinderäte, aber auch die Bestellung von Laien zu PastoralassistentInnen und in Aufgabenfelder, die bislang Priestern vorbehalten waren, sind Teile davon. Unter seine Ära fällt auch die Errichtung des Kulturzentrums bei den Minoriten und des Welthauses.
„Herzbischof“ Weber
Über 30 Jahre prägte Bischof Johann Weber als Hirte die Diözese Graz-Seckau und auch die ganze Kirche in Österreich mit. Einige große Ereignisse zeugen davon: Die Österreich-Synode 1973/74, der "Tag der Steiermark" 1993, die "Wallfahrt der Vielfalt" 1996, die Zweite Europäische Ökumenische Versammlung 1997 in Graz und der "Dialog für Österreich" 1998. Zu den Höhepunkten seiner Amtszeit zählt auch der Besuch von Papst Johannes Paul II. im Jahr 1983 in Mariazell und der Katholikentag 1981 in Graz, zu dem 70.000 Gläubige in den Stadtpark gekommen waren. Sie feierten das „Fest der Brüderlichkeit“ gemeinsam mit Bischof Johann Weber, der – passend zum Logo des Katholikentages – zum „Herzbischof“ ernannt wurde.
Im Jahr 2001 legt Bischof Johann Weber sein Amt aus gesundheitlichen Gründen zurück. Der Papst ernannte Bischof Egon Kapellari zum Nachfolger und 57. Bischof in der Steiermark. Bischof Johann Weber schreibt zum Abschied im Sonntagsblatt: „Beinahe 32 Jahre war ich nun Bischof unserer Diözese Graz-Seckau. Da ist es an der Zeit, für einen neuen Bischof Platz zu machen. Ich hab mir das gut und lange überlegt, und ich glaube, dass nun der richtige Zeitpunkt gekommen ist. […] Es gibt einem viel Freude, in der Steiermark Bischof zu sein, das ist meine Erfahrung. Danke!“ Danach war Bischof Weber als Seelsorger im Pfarrverband Graz-St.Leonhard, Graz-Ragnitz und Graz-Kroisbach tätig.
Zuletzt lebte Bischof Johann Weber im Alten- und Pflegeheim der Dienerinnen Christi in Graz-Andritz, jenem Teil der steirischen Landeshauptstadt, wo er vor 93 Jahren das Licht der Welt erblickte.