...und da erst erkennen sie ihn wieder als den Auferstandenen...
Ich vernehme aus dem heutigen Evangelium eine Botschaft des Trostes und der Ermutigung.
Der Text ist vermutlich der späteste Text der Evangelien, der erst nachträglich dem Johannesevangelium hinzugefügt wurde. Er beschreibt die Erfahrung der jungen Kirche, die bereits einigen zeitlichen Abstand zur Auferstehung Jesu hatte. Gerade so ist er für uns als Kirche heute wertvoll, die wir auch nicht mehr die unmittelbare Begegnung mit Jesus direkt nach seiner Auferstehung haben.
Mich überrascht gleich der Einleitungsvers: „In jener Zeit offenbarte sich Jesus den Jüngern noch einmal“. Und ich frage mich: Warum musste er sich nochmals offenbaren? Hatte es nicht genügt, dass er ihnen bereits zwei Mal als der Auferstandene begegnet war? Müsste nicht schon eine einzige Begegnung mit Jesus genügen für ein ganzes Leben?!
Die Erfahrung der jungen Kirche scheint eine andere zu sein: Es gab offensichtlich auch Misserfolg, obwohl sie die Auferstehung erfahren hatten. Es dürfte manches entgegen ihren Erwartungen gelaufen sein. Sie hatten anscheinend die Begeisterung und die Überzeugungskraft, die Petrus noch bei der Pfingstrede aussprühte (wie wir in der ersten Lesung gehört haben) wieder verloren. Ja, es geht so weit, dass sie den Auferstandenen nicht einmal mehr erkannten, als er ihnen am Ufer des Sees begegnete.
Wundert es einen da, wenn sie ihr Leben wieder so weiterleben wollten, wie sie es früher gewohnt waren, als sie Jesus noch nicht gekannt hatten? Was machen sie also? Sie machen genau das, was sie gelernt hatten und wo sie sich auskannten, was sie – zumindest scheinbar – selbst in Griff hatten und was nicht so unsicher war wie die ganze Sache mit Jesus, der ja doch nicht so greifbar ist wie ihre Netze.
Allen voran Petrus: „Ich gehe fischen“ sagt er und alle folgen ihm brav in das altvertraute Geschäft „Wir kommen auch mit“. Doch das Zurück zum Alten bleibt fruchtlos: „In dieser Nacht fingen sie nichts“ stellt der Evangelist lapidar fest. Das ist die Erfahrung der Kirche und der einzelnen bis herauf zu jeder und jeden von uns: Wir alle haben gewiss Augenblicke echter Gotteserfahrung erlebt, und doch gibt es dann wieder Momente, wo der Auferstandene so unreal und weit weg erscheint, wo wir Ihn einfach nicht erkennen können, obwohl er gewiss präsent ist. In diesen Momenten tendieren wir – wie die Jünger im heutigen Evangelium – leicht dazu, doch wieder auf unsere eigenen Kräfte und das eigene Können, auf das erlernte Wissen (unsere "Netze" sozusagen) zu vertrauen.
Wie reagiert Jesus darauf? - Der Auferstandene tadelt die Jünger nicht, dass sie ihn schon wieder vergessen hatten, ja dass sie ihn nicht einmal mehr erkannt hatten. Er fragt sie schlicht: „Habt ihr keinen Fisch zu essen?“. Mit dieser Frage, die sie mit "Nein" beantworten müssen, macht er ihnen erst schmerzlich bewusst, dass ihre Netze, dass also ihr Leben unerfüllt ist, dass ihnen die Nahrung fehlt. Weil letztlich Jesus fehlt.
Das ist eine Botschaft des Trostes für uns: Der Auferstandene kennt uns und unser Tendenz, sich bei Unsicherheit und Enttäuschung in alte Muster zurückzubegeben, wo es scheinbar besser war. Jesus, der Auferstandene wartet am Ufer schon auf uns, auch wenn wir erfolglos von unserem Tun kommen. Wenn wir wenigstens ehrlich sind, können wir ihm eingestehen, dass wir nichts wirklich Nahrhaftes anzubieten haben, wenn wir unser Leben ohne Ihn zu meistern versucht haben. Und - Er hält schon Nahrung für uns bereit und lädt uns neu ein, mit Ihm Mahl zu halten.
Die Erfahrung am See von Tiberias ist zugleich eine Botschaft der Ermutigung: Jesus ermutigt zu einem neuen Anfang, den nun allerdings Er selbst ermöglicht: „Werft das Netz auf der rechten Seite des Bootes aus!“ Obwohl diese Aufforderung nach menschlichem Ermessen unlogisch ist, tun sie es und machen die großartige Erfahrung, dass die Fruchtbarkeit ihres Tuns letztlich davon abhängt, ob sie etwas auf Jesu Wort hin tun.
Und da erst erkennen sie ihn wieder als den Auferstandenen. Das ist eine bleibende Erfahrung der Kirche: Nicht unsere Fähigkeiten für sich bringen die Fruchtbarkeit, sondern das, was wir im Hören auf das Wort Jesu tun, selbst wenn es uns bisweilen unlogisch vorkommt. Der Auferstandene zeigt sich eben nicht nach unseren menschlichen Logiken und Vorstellungen, sondern so wie es eben Gott entspricht, der immer über jedes Menschliche hinaus und für uns in oft unbegreiflicher Weise wirkt.
Das heutige Evangelium will auch für uns eine Ermutigung sein, stets neu auf das Wort Jesu zu vertrauen und auf Sein Wort hin unsere Aufgaben und unsere Sendung zu leben. Ein reicher Fischfang, d.h. letztlich Fruchtbarkeit für das Reich Gottes, ist nicht Folge unserer menschlichen Tüchtigkeit, sondern Geschenk des Auferstandenen, der sich aber unseres Einsatzes bedient, unseres Auswerfens der Netze gemäß Seinem Wort.
Wenn es im letzten Vers des Evangeliums heißt "Dies war schon das dritte Mal, dass Jesus sich den Jüngern offenbarte, seit er von den Toten auferstanden war", wird diese Reihe auch heute durch uns fortgesetzt. Vielleicht müsste es heute heißen: "Dies war schon das fünfmilliardendreimillionenachthunderttausendste Mal, dass Jesus sich offenbarte, seit er von den Toten auferstanden ist." – Und er wird es wieder und wieder tun.
Das ist wahrlich Trost und Ermutigung für jede und jeden von uns einzeln und als Gemeinschaft der Kirche!
Stefan Ulz